Fuchstext-Verhunzung

Begonnen von Theodora Tuschel, 16. Apr. 2021, 21:12:52

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Theodora Tuschel

Ich möchte auf die Argumente eingehen, die von Egmont Ehapa, von der Leiterin des Erika-Fuchs-Hauses und auch von duck313fuchs gebracht wurden.

1. \"Erika Fuchs hat ihre Texte selbst mehrfach verändert.\" - Ja, hat sie. Jeder Autor, der und die etwas auf sich hält, verändert seine Texte, arbeitet um und korrigiert. Das gibt dem Verlag noch lange nicht das Recht, einen fertigen, von der Übersetzerin autorisierten Text zu verändern. Das sind zwei völlig verschiedene Dinge. Ein unlogisches und unpassendes Argument.

2. \"Wir lesen die Bibel oder Shakespeare heute auch nicht mehr in einer alten Übersetzung.\" - Die Bibel als Vergleich heranzuziehen ist, mit Verlaub, unsinnig. Die Textüberlieferung dieser Schriften ist eine völlig andere als die des Barks/Fuchs-Werks. Oft wird dieses Argument verbunden mit \"das versteht heute niemand mehr\". Was ich bezweifeln möchte, da habe ich andere Erfahrungen. Aber die Säuberungen von Egmont Ehapa zielen doch gar nicht auf Verstehen, sondern auf politisch-soziale Korrektizität. Es sind keine Eingriffe zugunsten besserer Verständlichkeit, sondern es sind inhaltliche Eingriffe. Übrigens hat Erika Fuchs selbst mehrfach gesagt, sie sei der Meinung, kindliche Leser müssten nicht jedes Wort verstehen. Womit sie recht hat. Ich denke an ihre Klassikerzitate oder die Verwendung des Wortes \"Seigerteufe\". Jedes Kind versteht, worum es in dieser Sprechblase geht. Oder nehmen wir mal Goethes \"Faust\", Schullektüre bis heute. Wohl kein Verlag käme auf die Idee, \"Mein schönes Fräulein, darf ich\'s wagen ...\" umzuschreiben in \"Schöne junge Frau, darf ich\'s wagen ...\" mit der Begründung, heute sagt man nicht mehr \"Fräulein\" (außer Donaldisten, die dürfen das) und außerdem bedeutete \"Fräulein\" zu Goethes Zeit etwas anderes als heute. Aber bei Barks/Fuchs darf man das? Das sind ja nur Comics? Da dürfte vom Schwarzenbacher Friedhof her ein lautes Grummeln und Grollen ertönen.

3. \"Sprache verändert sich halt, gedruckte Texte müssen dem angepasst werden.\" - Es ist schon komisch, wenn dieses Argument ausgerechnet von konservativen Sprachbewahrern kommt, die bei jedem Gendersternchen Bluthochdruck kriegen und anfangen Vergewaltigungswitze zu machen. (Meistens sehr geschätzter Beppo: Vergewaltigungswitze sind nie lustig.) Natürlich verändert sich Sprache, und auch Übersetzungsprinzipien ändern sich. Der normale und korrekte Weg für einen Verlag ist dann, eine zeitgemäße Neuübersetzung in Auftrag zu geben. Was mit klassischen Texten immer wieder passiert, ich denke an Raoul Schrotts Homer-Übersetzung oder die längst überfällige Neuübersetzung von Huxleys \"Brave New World\". Das tut der Egmont Ehapa Verlag aber nicht, sondern er wirbt mit der klassischen Fuchs-Übersetzung (mit angeblich ganz wenigen klitzekleinen Veränderungen zugunsten eines nicht definierten \"Zeitgeistes\"). Das ist philologisch unseriös und zu verurteilen. Es ist ein Unding, an einem Text rumzudoktorn und einzelne Stellen zu ändern, weil sie irgend jemandem nicht gefallen. Wo soll das enden? Bei einer umgezeichneten und gereinigten Nicht-mehr-Barks- und Nicht-mehr-Fuchs-Ausgabe?

Nachbemerkung: Ich bin für das Bemühen um eine nicht diskriminierende Sprache, und ich bin für das Bemühen um eine geschlechtergerechtere Sprache, weil ich meine, dass dies ein Mittel ist, in den Köpfen der Menschen etwas zu verändern. Aber ich bin gegen selektive Eingriffe in Werke der Kunst und der Literatur. Wobei ich das Barks-Fuchs-Werk gleichsetze mit einer angeblich \"höheren\" Literatur, an die man sich nicht heranwagt. Dixi.

Beppo

Liebes Fräulein Tuschel,

das mit der Vergewaltigung war kein Witz, das haben die Mädels vom AStA wirklich und wahrhaftig so vorgebracht. (Hab ich mir gut gemerkt.) Womöglich ist es aber eine Tram- und keine Bushaltestelle. Asche auf mein Haupt! Sagen wir einfach ÖPNV.

Sei wenigstens der Dottoressa nicht allzu böse. Das EFH ist Teil einer Abhängigkeitskette wie auch der einzelne (in der Regel freischaffende) Ehapa-Redakteur/Übersetzer. Da kann man nicht wider den Stachel löcken. Wir ungebundenen Rentnerinnen tun uns da leichter.

Die wahren Schuldigen sind die Chefideologinnen von den amerikanischen Küsten, Typ Andrea Dworkin. NATÜRLICH darf man keine Weiber, Neger, Juden, Islamerer, Schwuchteln und Zigeuner diskriminieren. NO WAY! Ob das aber notwendigerweise auch mit einer Sprachkastration einhergehen muss, halte ich schon für weniger natürlich. Und das alles dann noch per vollständiger Induktion auf alle kleineren Bevölkerungsgruppen wie Fresssüchtige, Rothaarige, Ostfriesen und Veganer zu übertragen, das ist einfach nur noch bescheuert. Das Leben ist kein Ponyhof, sondern eitel Wettkampf. Fresser gegen Säufer, Europa gegen Asien, Banker gegen Panzerknacker, Neffen gegen Onkel, CSU gegen CDU.

Hart auf hart, das macht Spaß!
Grunz!
Beppo

Ein Kojote ist und bleibt ein Hühnerdieb!

paTrick

Klatsch Klatsch Klatsch

Beppo, darf ich die Gelegenheit wahrnehmen dir für deine stets tief schürfenden und erfreulich nonkonformen Gedanken im Forum zu danken.

Lumpenleo

In diesem Zusammenhang muß ich unbedingt noch einmal auf die lässige Behandlung des Themas durch den Verlag hinweisen:


Ostsibirischer Korjakenknacker

Das spricht Bände, vor allem der Verlauf...

>:D<
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Frieden für die Ukraine!

Grkztrrrschwrzkajaaaa!

Fährmann

Zitat von: \"Ostsibirischer Korjakenknacker\"Gerade Erika Fuchs, geb. im Kaiserreich und sprachverliebte Vielleserin, soll Fraktur falsch gelesen haben?

Halte die Vermutung für haltlos.

Sie war allerdings fehlsichtig und trug zentimeterdicke Augengläser...

Ahoi!
Ahoi!

Salvatore Speculatio

Jeder Autor hat das Recht, seine eigenen Texte bis zu 313mal zu verändern (fachsprachlich: daran herumzudoktern). Daraus ergibt sich nicht das Recht, in den Texten anderer herumzupfuschen. Korrigiere: das galt in prä-barbarischen Zeiten. Die sogenannte Hochkultur ist längst nicht mehr sicher vor dem Zugriff der Gesinnungs-Taliban. Ich warte auf die Zerstörung der Opernlibretti (Entführung aus dem Serail u.v.a.). Gruß, Salvatore

Kassenwart

Klatsch, Klatsch, Klatsch!

Dietmaar

nach sanfter Rüge von duck313fuchs nochmal hier. Diese Verhunzung hat mich wegen der Kombination aus Zensur und Schlamperei besonders geärgert:

Zitat von: DietmaarAn Lieblosigkeit kaum zu überbieten, hatte das schon am späten Abend im Vortreffen angeschnitten: nicht nur wurde eine weitere Blase zensiert, sondern der zweiten nicht einmal Beachtung geschenkt, sodass der ganze Dialog ad absurdum geführt ist:



Zitat von: LumpenleoZwar nicht die Erstveröffentlichung, aber immerhin von 1970:


Zitat von: duck313fuchsWenn auch Deine Ausführungen hier in disem Faden eigentlich am falschen Platz sind und Dein letztes Bild aus einem anderen Bericht als angegeben stammt, will ich doch das von Dir gewünschte Panel hier einstellen:


Belustigend jedoch auch wieder: die zu beobachtende mangelnde Sorgfalt am LTBCE-Projekt insgesamt schlägt sich auch auf die Zensur nieder. So wurden in \"Der freie Lauf der Phantasie\" im selben Band (12) zunächst die das Gehöft angreifenden Indianer lediglich als \"Angreifer\" bezeichnet, eine Seite weiter jedoch, als die Neffen nicht abreisen wollen, ohne noch was für die Angegriffenen zu tun, sind es dann doch wieder Indianer. Wurde offenbar übersehen :-)


Theodora Tuschel

Im nächsten DD setzt es hierzu was. Achim Hölter, der Autor des F.A.Z.-Artikels \"Fridolin Freudenfett wird geschlachtet\", bezeichnete die Textänderungen in LTCBC 12 als \"Dammbruch\". Trotzdem steht im Impressum: \"Die hier abgedruckten Geschichten sind reine originalgetreue Nachdrucke in ihrer ursprünglichen Übersetzung\" mit Disclaimer \"die zum Teil nicht den heutigen Zeitgeist widerspiegeln\". Har har har!

Eins der schlimmsten Beispiele: \"Die Stadt der goldenen Dächer\" (S. 252) mit dem bekannten Panel, wo Donald zögernd, weil er der Kulturfähigkeit des \"Eingeborenen\" nicht traut, sein Bandophon/Bandofon präsentiert und denkt: ,,Vielleicht ist er irgendwo in eine Missionsschule gegangen und ist ein bißchen zivilisiert\" (F1 in MM 44-46/1959 und BL-OD 13, ebenso F2 in TGDD 47 und KA 37). Das wird im LTB Barks Classic! zu: ,,Vielleicht haben sie hier eine Radiostation und er hat davon etwas mitgekriegt ...\"

STÖHN! Die alte Rechtschreibung von 1996 haben sie seit 25 Jahren nicht geändert (immer noch \'daß\' mit ß - das verstehen Kinder heute doch gar nicht mehr!), aber Inhalte müssen dem \"Zeitgeist\" angepasst werden. Der \"Eingeborene\" darf bleiben, die offensichtlich satirische Anspielung auf Mission & Kolonialismus muss weg. Wobei der \"Eingeborene\" auf S. 250 wohl nur übersehen worden ist, an anderen Stellen ist er gnadenlos wegzensiert worden. STÖHN!!

Theodora Tuschel

Raldo Rüpel weist am 5. Mai in einem neuen Faden auf einen Artikel in der \"Kleinen Zeitung\" (Steiermark) hin:

[we.tl]

Inhaltlich nichts neues gegenüber dem F.A.Z.-Artikel \"Fridolin Freudenfett wird geschlachtet\", aber erfreulich als Medienecho zum Thema Fuchstextverhunzung.

Fährmann

Ahoi!

Coolwater

Zitat von: \"Ostsibirischer Korjakenknacker\"-
ZitatNebenbei bemerkt: Erika Fuchs hat vielleicht einmal einen Text in Frakturschrift gelesen. Dabei hat sie die st-Ligatur als tt missverstanden. Aus Freudenfest wurde Freudenfett. Das hat sie sich gemerkt. Nur eine Vermutung.

Gerade Erika Fuchs, geb. im Kaiserreich und sprachverliebte Vielleserin, soll Fraktur falsch gelesen haben?

Halte die Vermutung für haltlos.

Bohns Erika-Fuchs-Buch enthält den Fotobeweis, daß die Fuchs mindestens einmal in ihrem Leben ein Buch in Fraktur gelesen hat, und zwar ohne zentimeterdicke Augengläser: https://share-your-photo.com/cba2beda2f (Auf diesem Foto vom Foto, das ich mit meinem Händi gemacht habe, ist es vielleicht nicht deutlich zu sehen, aber im Bohn-Buch ist klar zu erkennen, daß der Text des Buches, das die Fuchs da liest, in Fraktur gesetzt ist.)

Die Fraktur wurde seit 1941 durch die Antiqua ersetzt. Da war die Fuchs fünfunddreißig. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die meisten deutschen Zeitungen und Zeitschriften und der größte Teil der schönen Literatur in Fraktur gedruckt, die Antiqua wurde eher in wissenschaftlichem Schrifttum verwendet. Die Vermutung liegt nahe, daß die Fuchs außer diesem einen Buch im Jahre 1934 noch mehr Sachen in Fraktur gelesen hat. ;)

Obwohl, es gibt Schriften, da reicht das lange S nicht so tief: https://share-your-photo.com/e46c48c211. Wenn das noch dazu klein und schlecht gedruckt ist (Zeitungspapier) und man es nur flüchtig erfaßt, so was läßt sich durchaus fehllesen ... Ist aber im Fall Fuchs alles nur Spekulation

paTrick

Ich warte nur auf den nächsten Verhunzungsschritt. Entenhausener:Innen wäre doch topmodern. Außerdem ist \"Zwergindianer\" total diskriminierend. Das muss in \"kleinwüchsige Indigene\" geändert werden!!!

Hr.Zeilinger

Zitat von: paTrickDas muss in \"kleinwüchsige Indigene\" geändert werden!!!

Das müsste hierorts in \"kleinwüchsige native Americans\" geändert werden. Sicher aber nicht in \"Indigene\".