Die Zensur ist weg! Barks ist wieder Barks!

Begonnen von Coolwater, 1. Nov. 2022, 17:01:26

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Theodora Tuschel

Das Denken in Klischees führt nicht weiter. Niemanden. Welchen Mist es anrichtet, kann man überall sehen: in der Weltpolitik, in der vorgeblichen politischen Korrektheit bei Disney, auch hier im Forum.

Beppo

Ich denke immer in Klischees. Muselmänner sind grausamer als Buddhisten. N********* mit wulstigen Lippen und spitzen Zähnen sind gefährliche Kannibalen. Wer Roth-Händle raucht, malt auch Männchen in die Bibel.

Das sind aber nur statistische Weisheiten. Es gibt immer viele Ausnahmen. Kein Grund, alle Zeichnungen von N********* mit wulstigen Lippen und spitzen Zähnen zu zensieren.

Das wilde Weib ist von einem durchschnittlichen Homo sapiens so weit entfernt wie eine Dragqueen von einem FDP-Politiker. Aber Dragqueens sind gerade für politisch korrekte Menschen etwas Positives, das man protegieren muss. Man muss nur richtig umgehen mit den Klischees.
Grunz!
Beppo

Ein Kojote ist und bleibt ein Hühnerdieb!

Coolwater

Zitat von: McDuckIm neuesten Band der Fantagraphics-Edition wurde eine Seite aus Gnadenlos (selbstmurmelnd die mit dem wilden Weib) kommentarlos gestrichen.

Grad das WDC-Originalheft von 1946 mit dem Bericht angeguckt (im Netz natürlich). Glück für die Zenser: Hier läßt sich einfach eine Seite entfernen, an der Nahtstelle fügt sich der Restkörper des Berichts einigermaßen glatt zusammen. Wäre man gezwungen, einzelne Bilder herauszunehmen, es machte Schwierigkeiten. Wobei, nicht unbedingt in diesem Bericht, besteht er doch durchgehend aus gleich hohen Viererreihen, und kein einziges Bild durchbricht die Reihengrenze. Zumindest Zweibilderreihen könnte man hier überall rausnehmen, wenn\'snicht vier sind, tät\' der Bericht halt mitten auf der Seite enden.

Daß wohl kein einziger Fantaband mehr von einem solchen Eingriff frei ist ... ich hab\'mich dran gewöhnt, nehm\'s mit einem genervten Augenrollen hin, statt innerlich im Zwergenaufstand gegen den Lizenzherrn zum Bastillesturm zu rüsten. So ist das, man stumpft ab, der Mensch ist ein Gewöhnungstier. Ein solcher Hineinpfuschakt pro Fantaband als Geßlerhut \"muß\" wohl sein ... Die Fantareihe neigt sich Gott sei\'s gelobt mählich dem Ende zu, und nach aller Voraussicht ist es die letzte aufwendige Barksreihe, bei der ich mitgehe. Als Barksreihenmitgeher (-käufer) werde ich absehbar in den Ruhestand eintreten.

Das Wilde Weib von Watuland heißt im Urbarks Wild Woman of Borneo. Borneo hat zumindest in unsrer Welt net grad Urbewohner, die sich irgendwie als \"Schwarze\" einordnen lassen, als eine \"Schwarzafrikanerin\" ist das Wilde Weib aber recht deutlich gezeichnet. Donald sagt hallo zu ihr mit: \"Howdy, dah, wile wooman! How is you all, chile!\" – \"A gent\'man from de South!\" freut sich das Weib. Ich bin mir jetzt nicht sicher, ob ebenfalls Südstaatenmundart sein woll, wie das Weib spricht. Es liegt auf der Hand, daß das Weib nicht wild ist und nicht von Borneo kommt, daß es vielmehr für die Zirkusschau in diese Rolle geschlüpft ist und seine Wiege in Alabama oder Karolina stand. Das Weib hat sich auch die Zähne grad erst beim Zahnarzt schärfen lassen, ist als Wildes Weib nicht schon fix und fertig aus einem \"Urwald\" gekommen. Was mir übrigens zum ersten Mal auffällt: \"fried chicken\"! In Amerika ein Schwarzenstereotyp.

Da kommt ja doch einiges zusammen: übergroße Wulstlippen, gespitzte Zähne, fette Ohrringe, mit Reifen geschmückter, womöglich gestreckter Hals (\"Giraffenhals\"), Mundart/\"Slang\" (Südstaaten?), Brathähnchen. Vielleicht wies der Lizenzherr die Fantagraphiker nicht eigens an, die Seite zu tilgen, sondern sie taten\'s in vorauseilendem unwilligem Gehorsam. Man kann sie verstehen. Furchtbar ist\'s, wenn der Herr zürnt.

Beppo

Beim neuen Band 82 der Entenhausen-Edition fehlt der Titelzusatz \"Mit überarbeiteter Version der Originalübersetzung von Dr. Erika Fuchs\". Überarbeitet wurde aber trotzdem: Der Maharadscha von Stinkadore wurde wie im LTB zum Maharadscha von Stirkadore umgelabelt.

Nachtrag: Der Zusatz ist doch vorhanden. Er wurde nur unleserlich in Weiß auf Hellgelb gedruckt.
Grunz!
Beppo

Ein Kojote ist und bleibt ein Hühnerdieb!

Coolwater

Im neusten Band der Entenhausen-Edition, Nummer 86, ist der Zwergindianerbericht abgedruckt. Grad gelesen. Aaaaaaalso ...

Die Zwergindianer sind wieder Zwergindianer. Meistens jedenfalls. In mindestens fünf Fällen hat man \"vergessen\", sie wieder im Text einzufügen (\"Das Land der tausend Seen gehört unserem tapferen Volk ...\"; \"Willkommen sind die Fremdlinge am großen Ratsfeuer unseres Volkes!\"; \"Der Weise Rabe, der Häuptling des Stammes, bittet ...\"; \"Nach der Friedenspfeife dieses Stammes ...\"; \"Die kleinen Kerle können ihre Friedenspfeife ...\").

Es fällt auf, daß die Rückverzwergindianerung des entnamsten \"Stammes\" bezettwepunkt \"Volkes\" von einem bestimmten Punkt an einfach abbricht. Hatte da ein Verlagsmensch, der mit der Rückverfuchsung dieses Textbestandteils betraut war, plötzlich keine Zeit, Lust, Kraft mehr?

Die Bleichgesichter sind durchweg nicht wieder Bleichgewichter. Offenbar hat DIsney nur die Indianerzensur aufgehoben, aber nicht die Bleichgesichtzensur.

Der Stör-König hat in diesem Abdruck zehn Krieger angeblich umgehauen, nicht, wie\'s richtig ist, umgebracht. War schon in der LTB Classic Edition umhauen statt umbringen. Haben die Ehaplinge eigentlich sonst in letzter Zeit Hinweise auf Umbringen, Mord, Totschlag im Fuchstext umgezärtelt?

Beppo

Die Erstveröffentlichung hieß in der ersten Fortsetzung \"Im Lande der ...\", in der zweiten und dritten Fortsetzung \"Im Land der ...\". In TGDD fehlte von Anfang an das \"e\".

Mein WLAN heißt \"LAN der Zwergindianer\". Das passt zu \"Lande\" und \"Land\" gleichermaßen.

Ich habe lange überlegt, ob ich es \"LAN der Zwergindianer\" oder \"LAN unter der Erdkruste\" nenne, aber ein WLAN agiert eben doch eher über der Erdkruste.
Grunz!
Beppo

Ein Kojote ist und bleibt ein Hühnerdieb!

Orville Orb

Zitat von: \"Prof. Schwirrvogel\"Hallo zusammen,
ich komme noch mal auf den ,,Untermensch" zurück. Eine Veränderung des Fuchs Textes ist da schon früher vorgenommen worden. Mir ist dieser Tage das  GOOFY Magazin 11/1983 zugelaufen. Dort ist unter der Rubrik ,,Nostalgoofy" der Barksbericht ,,Gute Nachbarschaftshilfe" erschienen. Laut Impressum ist die Übersetzung von Dr. Erika Fuchs. Im ersten Panel bezieht man sich auf die MM 9/1953. Den Begriff ,,Unterling" gibt es laut Online Duden nicht. Das wäre Frau Dr. Fuchs doch niemals passiert.
Untermensch kommt in MM 9/1953, BL 22 und sogar in der Entenhausen Edition 22 vor.
Im TGDD 119 heißt es dann schon Widerling und im LTB Classic wird Gustav als Schmarotzer betitelt.
https://up.picr.de/45892662dh.jpg

Warum sollte sich Fr. Fuchs nur an den Duden gehalten haben? Grimms Wörterbuch kennt den Unterling schon:

Unterling in Grimms Wörterbuch

Coolwater

Der wahre Sprachmeister ist Wortneuschöpfer. \"Schrumpfolieren\" wird man in jedem Wörterbuch vergeblich suchen.

Wenn der \"Unterling\" erst 83 im Gufimagazin statt des \"Untermenschen\" auftaucht, ist er aber kaum von Fuchs. Hat halt ein Redakteur das \"heikle\" Wort \"entschärft\". Und wenn die nur ein Wort ändern, schreiben die natürlich im Impressum nicht rein \"bearbeitete Übersetzung\".

Coolwater

Im neuesten Fantagraphics-Band sind im Schlafwandlerbericht Japsen-Schlitzaugen als Feinde in den Ruhestand geschickt worden (was von den Bilern Fanta 2024 und was Urdruck von 1945 ist, sollte jeder am Druckbild erkennen):







Beppo

> Keine Japsen-Schlitzaugen mehr als Feinde im neuesten Fantagraphics-Band ...

Es waren ja auch keine Japsen, es waren Marsmenschen. Aber Marsmenschen darf man ja auch nicht diskriminieren.
Grunz!
Beppo

Ein Kojote ist und bleibt ein Hühnerdieb!

Theodora Tuschel

\"You little slant-eyed nips\" ist schon übel, wenn mein Wörterbuchwissen mich nicht täuscht. Dass Erika Fuchs 1959 daraus \"diese heimtückischen Knirpse\" gemacht hat, ist ihr als übersetzerische Leistung hoch anzurechnen. \"Jap ambush\" konnte sie gar nicht eins-zu-eins ins Deutsche bringen, weil die Rolle Japans im Zweiten Weltkrieg hierzulande wenig bekannt war (und ist). Da sind die Marsmenschen ein ganz guter Ersatz, zumal in jener Zeit, wo die Raumfahrt von allgemeinem Interesse war (1957: Sputnik 1). Passt!

Coolwater

Zitat von: \"Theodora Tuschel\"\"You little slant-eyed nips\" ist schon übel, wenn mein Wörterbuchwissen mich nicht täuscht. Dass Erika Fuchs 1959 daraus \"diese heimtückischen Knirpse\" gemacht hat, ist ihr als übersetzerische Leistung hoch anzurechnen. \"Jap ambush\" konnte sie gar nicht eins-zu-eins ins Deutsche bringen, weil die Rolle Japans im Zweiten Weltkrieg hierzulande wenig bekannt war (und ist). Da sind die Marsmenschen ein ganz guter Ersatz, zumal in jener Zeit, wo die Raumfahrt von allgemeinem Interesse war (1957: Sputnik 1). Passt!

Eigentlich hätte es 1957 nahegelegen, Donald etwas in den Mund zu legen wie: \"Die Russen greifen an!\"

\"Der Russe kommt\", \"Wenn der Russe kommt ...\", \"... dann kommt der Russe\" – dergleichen war ja über Jahrzehnte in Westdeutschland eine Redensart. Meines Wissens trifft man solche unverblümten Anspielungen auf den Blockgegensatz und die \"sowjetische Bedrohung\" in den Berichten aber wenig bis gar nicht. Ich vermute, weil das schon zu \"politisch\" und \"kontrovers\" gewesen wäre. Genug Leute in Westdeutschland waren ja nicht dafür, die Auseinandersetzung mit dem Osten weiter auf die Spitze treiben. Und die Ehaplinge wollten keineswegs irgendwelche politischen und gesellschaftlichen Streitfragen in ihre Hefterln hineingetragen sehen, sondern die Dinger ans Kind bringen.

Barks war Anfang 1945 mit Donalds unverblümter Feindbestimmung durchaus in einer anderen Lage. Da war Japan ja nicht nur eine mögliche, gedachte Bedrohung für die USA, sondern die beiden Länder führten schon seit Jahren Krieg gegeneinander .

Beppo

> \"You little slant-eyed nips\" ist schon übel, wenn mein Wörterbuchwissen mich nicht täuscht.

Pearl Harbor war aber auch eine üble Angelegenheit. Das muss man nicht totschweigen. Pearl Harbor, My Lai, Butscha und natürlich Auschwitz, es gibt viel, an das man in tausend Jahren noch erinnern sollte.
Grunz!
Beppo

Ein Kojote ist und bleibt ein Hühnerdieb!

Theodora Tuschel

Zitat von: BeppoPearl Harbor war aber auch eine üble Angelegenheit. Das muss man nicht totschweigen.

Wieso \"aber\"? Wenn man alles Üble, was Menschen angerichtet haben, auf einen Haufen tun würde, reichte der bis zum Mond. Üble Sprache ist in Kriegszeiten psychologisch verständlich, aber eben auch nichts Gutes.

Coolwaters Beobachtung, dass in den deutschsprachigen Duck-Geschichten der Fünfzigerjahre so etwas wie \"Die Russen kommen\" nicht vorkommt, finde ich interessant. (Ich selbst bin als geborene Berlinerin mit dieser Angst aufgewachsen, die nicht ganz von der Hand zu weisen war.) Das galt bei Ehapa, vielleicht auch bei Frau Fuchs, wohl als allzu gegenwärtig-politisch. Wohingegen Anspielungen auf die NS-Zeit offenbar als harmlos galten, weil lange her und scheinbar überwunden. Barks\' eigene Anspielungen auf diese Zeit, auf den Zweiten Weltkrieg und auf die Sowjetunion hat Erika Fuchs meist getreu übersetzt. Schon interessant, warum sie bei den \"Japsen\" (das entspricht etwa dem amerikanischen \"Nip\") anders gehandelt hat.

Beppo

> Üble Sprache ist in Kriegszeiten psychologisch verständlich, aber eben auch nichts Gutes.

Wenn ich schlafwandle, dann denke ich nicht über meine Sprache nach. Da hab ich ganz andere Prioriitäten.

> Coolwaters Beobachtung, dass in den deutschsprachigen Duck-Geschichten der Fünfzigerjahre so etwas wie \"Die Russen kommen\" nicht vorkommt, finde ich interessant.

Nehmen wir mal die Sechzigerjahre dazu. Die \"Revolutionäre\" in WDC 278 (Die Geheimwaffe) gleichen Putins Gschwerl wie ein Ork dem anderen.

> ... geborene Berlinerin ...

Ich komme aus dem Fulda Gap. Wir wären die ersten gewesen, die der Russe zu Brei geschlagen hätte. Das hat uns aber auch nicht neurotischer gemacht.
Grunz!
Beppo

Ein Kojote ist und bleibt ein Hühnerdieb!