Religion in entenhausen

Begonnen von uli, 1. Jun. 2016, 16:08:54

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Der Sumpfgnom

Zitat von: DuckimausDu vergisst aber, dass Barks aus dem USA kam, die dafür bekannt ist, dass die Bevölkerung sehr religiös ist. Somit war Religion ein wichtiges Thema für Barks

Ich habe zwar schon mehrere Bücher über Barks gelesen, bin aber geade unsicher, ob da was über Barks´ Religiösität berichtet wurde. War Barks überhaupt bekennender Christ? Ging er des Glaubens wegen in die Kirche?
 
Falls nicht, könnte dies ein Grund sein, dass er evtl. in Entenhausen existierende religöse Schwingungen nur rudimentär wahrnehmen konnte.

Coolwater

Zitat von: \"Der Sumpfgnom\"Ich habe zwar schon mehrere Bücher über Barks gelesen, bin aber geade unsicher, ob da was über Barks´ Religiösität berichtet wurde. War Barks überhaupt bekennender Christ? Ging er des Glaubens wegen in die Kirche?

Sieht nicht so aus. Von Barks sind zwar haufenweise Äußerungen zu Politik, Kultur und Gesellschaft überliefert – aber der Glaube, die Religion, das scheint bei ihm eine Leerstelle gewesen zu sein. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, in seinen Briefen und Interviews jemals auf ein Bekenntnis zum christlichen oder auch nur zu einem Gottesglauben Barksens gestoßen zu sein. Auch im Leben-Barks\'-Schrifttum habe ich hiervon nie eine Silbe gelesen. Im Gegenteil, in Carl Barks and the Disney Comic Book. Unmasking the Myth of Modernity (2006) schreibt Thomas Andrae: An atheist, Barks dismissed any thoughts of a hereafter: \"I have no apprehension, no fear of death,\" he told Donald Ault in 1999. \"I do not believe in an afterlive.\"

Beppo

Ich weiß nichts über Erika Fuchs. Vielleicht war sie eine von denen, die glauben(!), dass sie, wenn sie sich an die zehn Gebote halten, sich nicht noch zusätzlich auf die Knie begeben müssen. So würde ich ihr Leben und ihr Werk jedenfalls interpretieren. Ihre Trauerfeier war evangelisch, aber das muss nichts bedeuten.
Grunz!
Beppo

Ein Kojote ist und bleibt ein Hühnerdieb!

Theodora Tuschel

Zitat von: Beppoich glaube, du machst einen methodischen Fehler. ... Du wirst mir zustimmen, dass diese Berichterstattung in ihrer ganzen Breite mit Barks vergleichbar ist. Die Wahrkeit und nichts als die Wahrheit. Aber es ist nicht die ganze Wahrheit. Es fehlt alles, was der Herr Direpol nicht für berichtenswert hält ... Es fehlen tausenderlei wichtige Einzelheiten.

Lieber Beppo,
\"die ganze Wahrheit\" gibt es nicht. Das menschliche Erkenntnisvermögen ist begrenzt, sogar das von Donaldisten. Wir können immer nur Teilwahrheiten erhaschen.

Zitat von: BeppoDu siehst, worauf ich hinaus will. Barks/Fuchs und Direpol sind wichtige und zuverlässige Quellen. Aber man muss sie richtig auswerten. Für eine statistische Auswertung ist oft das Sample zu klein. Auch nach der gründlichsten Direpol-Lektüre wissen wir zwar einiges über die Religion in Bayern, aber das reicht nur für Hypothesen, nicht für Theorien.

Sehr richtig. Natürlich reichen die Barks/Fuchs-Quellen nicht aus, um \"die ganze Wahrheit\" über Entenhausen zu erkennen. Natürlich fehlen tausend Einzelheiten. Das ist das Grundproblem des Wissenschaftlichen Donaldismus, dass wir von manchmal spärlichen Hinweisen schließen müssen, ohne zu wissen, wie statistisch signifikant diese sind. Selbst bei beeindruckenden Synthesen wie dem Stadtplan gibt es Leerstellen, Widersprüche und offene Fragen, wie zuletzt das Wollina-Colloquium in Köln gezeigt hat.

Die Frage nach der Religion in Entenhausen ist so schwierig, weil der Begriff \"Religion\" so vielschichtig ist. Trotzdem darf man sie stellen. Aber eigentlich muss man die Frage nach der Religion in einer Gesellschaft immer historisch angehen. Im Christentum z.B. gab es bekanntlich innerhalb von 2000 Jahren ein Schisma und eine Reformation, von anderen Entwicklungen ganz zu schweigen. Wir wisssen wenig über die Geschichte Entenhausens und noch weniger über seine Kultur- und Geistesgeschichte.

Sicherlich gibt es eindeutige Hinweise auf eine christliche Tradition in Entenhausen. Aber die Gesellschaft, die Barks uns zeigt, scheint vollständig säkularisiert zu sein. Zu Weihnachten gibt es Weihnachtsbäume, Gänsebraten und Geschenke. Meines Wissens gibt es keine Hinweise auf die biblische Geschichte, nicht einmal eine Krippe. Der Gang zur Kirche wird von TT&T in ihrem Unterseeboot nicht vermisst. Es gibt Hinweise auf die \"Taufe\" - aber wenn ich mein neues Kajak taufe, hat das mit Religion auch nichts zu tun. Natürlich kann es sein, dass die Ducks trotzdem tief religiös sind und an den christlichen Gott glauben, Barks uns aber zufällig oder absichtlich nichts darüber mitgeteilt hat. Aber wenn man davon ausgeht, dass es außerhalb der uns bekannten Geschichten und Bilder und Texte ganz viel anderes gibt, was zusammen mit dem uns Bekannten die \"ganze Wahrheit\" ausmacht, dann fällt der wissenschaftliche Donaldismus in sich zusammen. Wir können schließlich nicht mehr tun, als auf der Basis der uns zugänglichen Quellen nach unseren logischen Gesetzen Schlüsse zu ziehen. Und Fragen zu stellen.

Zum Schluss noch meine persönliche Ansicht: Donaldismus ist eine Wissenschaft, die immer unvollkommen bleiben wird und die nie zu endgültigen Ergebnissen führen wird (das war Jürgens liebenswerter Fehler mit seinem \"einzig wahren\" Stadtplan), aber Donaldismus ist auch eine strenge Wissenschaft, die Spaß macht. Mir macht ein Denkansatz wie der von Gangolf, der sich fragt, warum die Ducks in Extremsituationen ausgerechnet an ihre Zahnbürste denken und daraus die Hypothese einer Theodontologie entwickelt, einfach mehr Spaß als das Verharren im Offensichtlichen.

Ostsibirischer Korjakenknacker

Zitat von: \"Theodora Tuschel\"Zum Schluss noch meine persönliche Ansicht: Donaldismus ist eine Wissenschaft, die immer unvollkommen bleiben wird und die nie zu endgültigen Ergebnissen führen wird (das war Jürgens liebenswerter Fehler mit seinem \"einzig wahren\" Stadtplan),

Ersteres unterschreibe ich sofort, da - nach Popper und Lakatos - jede Wissenschaft per se unvollständig bleiben muss.

Zweiteres ist mir logisch unklar:
Jürgen hat nie vom vollständigen, nur vom wahren Stadtplan gesprochen. Auch was unvollständig ist, kann wahr sein. Und die im Kolloquium aufgewiesenen Fehler könnten auch auf diese Unvollständigkeit zurückzuführen sein. Oder?

Naja. Was ist Wahrheit, hat ein von mir im kommenden DD ausführlich zitierter Bekannter mal gefragt...
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Frieden für die Ukraine!

Grkztrrrschwrzkajaaaa!

Duckimaus

@Ostsibirischer Korjakenknacker

Das ist doch dein Fachgebiet, oder?
Die Entenhausener leben in einer säkularisierten Welt, jetzt stellt sich die Frage, ob sie gleichzeitig religiös sind oder eben kaum religiös, so wie wir. Kannst du als Experte der Fundamentaltheologie sagen, ob das Verhalten der Entenhausener nun als religionslos oder religiös zu bezeichnen ist?

Theodora Tuschel

Zitat von: \"Ostsibirischer Korjakenknacker\"
Zitat von: \"Theodora Tuschel\"Donaldismus ist eine Wissenschaft, die immer unvollkommen bleiben wird und die nie zu endgültigen Ergebnissen führen wird (das war Jürgens liebenswerter Fehler mit seinem \"einzig wahren\" Stadtplan),

Ersteres unterschreibe ich sofort, da - nach Popper und Lakatos - jede Wissenschaft per se unvollständig bleiben muss.

Popper? Lakatos? Hab ich mir selbst ausgedacht!

Zitat von: \"Ostsibirischer Korjakenknacker\"Jürgen hat nie vom vollständigen, nur vom wahren Stadtplan gesprochen. Auch was unvollständig ist, kann wahr sein.

Sicher. Aber der Stadtplan hat den offiziellen Titel \"Der einzig wahre Stadt- und Umgebungsplan von Entenhausen\". Diesen Wahrheitsanspruch vertrat Jürgen tatsächlich. Ein betrüblicher Mangel an Bescheidenheit, finde ich. Aber ich habe ja auch \"liebenswert\" geschrieben, und das war er in seinem Enthusiasmus, seiner Lebendigkeit und seiner OFfenheit.

Der Sumpfgnom

Zitat von: \"Theodora Tuschel\"Aber der Stadtplan hat den offiziellen Titel \"Der einzig wahre Stadt- und Umgebungsplan von Entenhausen\". Diesen Wahrheitsanspruch vertrat Jürgen tatsächlich.

Mit \"wahr\" meinte Jürgen nicht endgültig, sondern sich auf reale Quellen beziehend. Also einen Barks-Fuchs- und keinen Micky-Maus-Heft-Phantasie-Stadtplan. Jürgen war sich bewusst, dass sein Stadtplan weiße Stellen aufwies und hie und da auch fehlerhaft sein konnte. Insbesondere in der 2. Auflage des Stadtplanes wurden aufgrund konkruktiver Kritiken einiger Donaldisten sogleich erste Korrekturen vorgenommen.

Das war kein Mangel sondern ein Ziel des Stadtplans: den Forschergeist der Donaldisten zu wecken und anzuregen, sich mit den Quellen zu beschäftigen. Dieses Ziel hat Jürgen ohne Frage erreicht.

findibus ferschwindibus

Zitat von: \"Theodora Tuschel\"Diesen Wahrheitsanspruch vertrat Jürgen tatsächlich. Ein betrüblicher Mangel an Bescheidenheit, finde ich.

Hat sich der kleine Herr Duck je in Bescheidenheit geübt? Er wollte immer was größeres sein. Das wollte Jürgen für seinen Stadtplan auch. Ein hervorragender Mangel an Bescheidenheit, finde ich.

ff

Raskolnikow

Einen hab\' ich noch.

Die Ducks beten nicht nur bisweilen, sie kennen auch den einen Gott, der seine Gunst erweist.

Ostsibirischer Korjakenknacker

Zitat von: RaskolnikowDie Ducks beten nicht nur bisweilen, sie kennen auch den einen Gott, der seine Gunst erweist.

Das ist wohl eher altes Entenhausener Liedgut, das ja auch bei uns nicht unbekannt ist ... und dass man was vor sich hin singt, was einem vom textinhalt her wurscht oder unverständlich ist, weil man es einfach musikalisch großartig findet, ist ein zumindest mir wohlbekanntes Phänomen -

Oro, se do bheatha bhailie
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Frieden für die Ukraine!

Grkztrrrschwrzkajaaaa!

Beppo

> Aber wenn man davon ausgeht, dass es außerhalb der uns bekannten Geschichten und Bilder und Texte ganz viel anderes gibt, was zusammen mit dem uns Bekannten die \"ganze Wahrheit\" ausmacht, dann fällt der wissenschaftliche Donaldismus in sich zusammen.

Genau da möchte ich dir aber widersprechen, Theodora. Nehmen wir als ein anderes Beispiel mal das Bier. (Das Saufen ist bei uns ein ähnliches Massenphänomen wie die Religion.) In Entenhausen gibt es das städtische Altersheim für Bierkutscher. Das Meer schäumt wie das Bier beim Maibock. Auf dem Mond ertönt der Ruf: \"Ich bin ganz wild auf Bier!\" Balthasar Brandbichl ist Exportbier-Großbrauereibesitzer. Donald wirft mit einem Bierkrug nach Marsmenschen.

ABER: Man sieht nie einen Bierkutscher mit seiner Bierkutsche im Bild. Man sieht keine Plakatwerbung für Bier. Man sieht nirgendwo einen Flaschenöffner herumliegen. Der texanische Großgrundbesitzer prahlt weder mit Gersten- noch mit Hopfenanbau. Du würdest jetzt gleich spekulieren, dass sie in Entenhausen viel weniger Bier trinken als bei uns. Ich bin da mehr wie Wittgenstein. Wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen. Positive Informationen sind vollfetter als negative.

Ein Beispiel, das in eine andere Richtung weist, ist der Regen. In Entenhausen ist es bei Regen immer windig. Der Regen fällt dann schräg. Das kann man statistisch erforschen. Ob es bei Sonnenschein auch windig ist, das ist viel schwerer festzustellen.

Vielleicht schlucken die Entenhausener ihre Hostien nur in camera, wenn sie sich unbeobachtet fühlen. Vielleicht saufen sie überwiegend mit schlechtem Gewissen heimlich. Man sieht sie ja auch nie beim Sex, obwohl die die Vögel im Anthropoversum da nicht so heikel sind. Barks und Fuchs haben uns leider keinen Kinsey-Report hinterlassen.

Donaldismus ist in vieler Hinsicht wie Archäologie. Wenn die alten Sumerer Schweinshaxen verspeist haben, dann findet man die Knochen, wenn man eine Latrine ausgräbt. Ob es damals aber beim Sudlerwirt Leberkäs gegeben hat, das ist allenfalls indirekt im Gilgameschepos überliefert.
Grunz!
Beppo

Ein Kojote ist und bleibt ein Hühnerdieb!

Duckimaus

@Raskolnikow
Es ist ja noch nicht mal sicher, ob es in der Entenhausener Religion einen Gott gibt, wie es ihn im Christentum gibt. Es könnte eine unkorrekte Übersetzung sein.
So ist der bekannte indianische Gott Manitu genau genommen gar kein Gott.

Manitu, Manito, Manitou oder Manit ist in den Algonkin-Sprachen Nordamerikas ein zentraler Begriff aus der traditionellen Religion der algonkinsprachigen Indianer. Sinngemäß bedeutet Manitu das Allumfassende Geheimnis bzw. die Große Kraft, die in allen Wesen, Dingen, Tätigkeiten und Erscheinungen enthalten ist. Wenn eine Wolke oder ein Gebrauchsgegenstand als Manitu bezeichnet wird, so deshalb, weil der Geist (vorübergehend) diese Form angenommen hat oder in ihr wohnt (siehe auch: Animismus). Viele Aufzeichnungen belegen, dass diese Vorstellung immer dann assoziiert wurde, wenn alltägliche Dinge über herausragende oder ungewöhnliche Eigenschaften verfügten. Bei vielen Gruppen wurde der Begriff sowohl im Singular – für die ,,eine, höchste Macht" – als auch im Plural – für die übernatürlichen, persönlich gedachten ,,Eigner" von Wesen oder Gegenständen – verwendet.
https://de.wikipedia.org/wiki/Manitu

Duckimaus

@Beppo

Barks hat ja auch nur die Berichte in Comicform veröffentlicht und Comics richten sich hauptsächlich an junge Leser. Und die interessieren sich nicht dafür, ob Brauereikutschen rumfahren oder es Bierplakate gibt, auch wenn sie Bier kennen. Besser gesagt, Barks hat seine Informationen über Entenhausen gezielt an die junge Leserschaft veröffentlicht, wahrscheinlich auf Anweisung des Verlags. Dass es später Erwachsene gibt, die seine Berichte ernst nehmen und untersuchen, daran hat Barks wohl nicht gedacht.

Findibus Ferschwindibus

Zitat von: Duckimaus@Beppo

Barks hat ja auch nur die Berichte in Comicform veröffentlicht und Comics richten sich hauptsächlich an junge Leser. Und die interessieren sich nicht dafür, ob Brauereikutschen rumfahren oder es Bierplakate gibt, auch wenn sie Bier kennen. Besser gesagt, Barks hat seine Informationen über Entenhausen gezielt an die junge Leserschaft veröffentlicht, wahrscheinlich auf Anweisung des Verlags. Dass es später Erwachsene gibt, die seine Berichte ernst nehmen und untersuchen, daran hat Barks wohl nicht gedacht.

Barks/Fuchs haben inspirationsgesteuert berichtet und nicht adressatenorientiert dahergeschwätzt. Zack!

Wer anderes behauptet steht bereits mit einem Bein ausserhalb der FDGO!

ff