Erika Fuchs bei Wikipedia

Begonnen von Theodora Tuschel, 26. Dez. 2022, 14:24:57

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Kalif Storch

Für viele Donaldisten ist es natürlich ein unverzeihliches Sakrileg, hier an Frau Fuchs herumzumäkeln, aber Frl. Tuschels Versuch einer Ehrenrettung der Petrischen Dissertation kann, schon wegen der in donaldistischen Kreisen stets hochgehalten wissenschaftlicher Redlichkeit, nicht unwidersprochen bleiben.
Eine \"erstaunlich reife Arbeit für eine 25-Jährige\", findet Frl. Tuschel und rühmt Stil und Ausdruck. Nun ja, verschwurbelte und langatmige Beschreibungen der Werke des Rokoko-Stuckateurs, die über weite Strecken an Ausführungen aus besseren Reiseführern gemahnen, mögen ihrem Geschmack entsprechen. Ob damit der Wert einer wissenschaftlichen Arbeit beurteilt werden kann, sei dahingestellt. Und wenn Frau Fuchsens Eckermann Bohn sich über die da zu lesenden \"flüssigen und bildkräftigen Worte\" schier nicht mehr einkriegt, so ändert das nichts daran, daß dessen Kapitelchen über die Promotion indiskutabler Unsinn ist. NB zur Frage von Frl. Tuschel: Ja, die S. 26 abgebildetet Seite 3 aus dem Typoskript ist textidentisch mit S. 1 der gedruckten Fassung, einschließlich aller Kommafehler.
\"Zitate aus Archivquellen sind in den Text eingearbeitet, wie es sich gehört, und in Fußnoten belegt\", lobt Frl. Tuschel. Also Wissenschaft lege artis? Oha! Hat die Rezensentin nicht S. 68 Anm. 1 (unten) gelesen, wo Frl. Petri freimütig einräumt, daß sie sich keineswegs in staubigen Archiven durch alte Folianten gekämpft hat: \"Die gesamten archivalischen Angaben über Ottobeuren sind eine Arbeit von Herrn Dr. N. Lieb.\" Auskunft über diese Arbeit und dessen Autor erteilt Frl. Petri nirgends. Dafür werden Zitate aus den Archivalien im Folgenden belegt mit \"Im Klosterarchiv\" u. ä. und damit der Eindruck erweckt, als seien sie Früchte der Petrischen Forschungen. Sind sie natürlich nicht.
Das gleiche beim Kapitel über Bruchsal. S. 66 Anm. 2 werden nicht spezifizierte Archivalien im GLA Karlsruhe genannt. Im nächsten Satz wird dann jedoch auf eine Quellenedition verwiesen, die die Jungdoktorin im Literaturverzeichnis vorsichtshalber nicht nennt, aus der sie aber munter zitiert. Also auch hier wohl alles aus zweiter Hand.
Nicht besser bei Zwiefalten. Hier (S. 65 Anm. 2) wird zunächst global das Staatsarchiv Stuttgart angeführt, um dann mit der verräterischen Floskel \"siehe auch\" auf einen Aufsatz in einer Zeitschrift zu verweisen, die es unter dem genannten Titel gar nicht gibt. Im Literaturverzeichnis heißt sie denn auch anders, was aber völlig egal ist, weil beide Zeitschriftentitel falsch sind. Hat sie sich selber ausgedacht.
Ähnlich auch im Kapitel über die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen. S. 70 Anm. 6 findet man eine merkwürdig verschwurbelte Quellenangabe bzgl. der Rechnungsbücher, die sie im Bücherverzeichnis verschweigt und die nicht zu verifizieren ist. Wahrscheinlich hat sie sich auch hier ungeniert bedient.
Ein Grundsatz in der Wissenschaft ist die Nachprüfbarkeit des Gesagten, und wer wüsste das besser als der Donaldist, der akribisch Lautwörter auflistet mit präzisen Belegen. Hätte doch Frl. Petri nur halb so akkurat gearbeitet ...
Man könnte noch lange weitere Unzulänglichkeiten der wahrlich erstaunlich reifen Arbeit auflisten, die auch für damalige Verhältnisse erschreckende Mängel aufweist. Aber je mehr man sich in Details verliert, desto trostloser wirds.
Wahrscheinlich war der Doktorvater zu sehr mit der Begründung einer nationalsozialistischen Kunstgeschichtsschreibung beschäftigt, als daß er mehr als nur einen flüchtigen Blick in die Dissertationen seiner Schüler hätte werfen können. Daß diese Arbeit mit \"summa\" (so triumphierend Bohn) oder \"magna\" (so einschränkend Beppo) bewertet wurde, ist eigentlich nicht zu glauben. Die Qualitäten von Frau Fuchs lagen - zum Glück für uns - auf anderem Gebiet als im wissenschaftlichen Bereich. Über ihre Anfängerarbeit sollte man pietätvoll den Mantel des Schweigens legen.

Theodora Tuschel

Es geht nicht um eine Ehrenrettung des Frl. Petri. Aber es bringt auch nichts, ihre Dissertation nach heutigen Maßstäben zu be- und verurteilen. Die ist vor 90 Jahren entstanden, und die Anforderungen waren damals ganz andere als heute. So schrieb man damals eben über Kunst, so schrieb man auch über Literatur. Von heute aus gesehen unwissenschaftlich, lyrisch, langatmig, oft objektiv nicht nachprüfbar, mit subjektiven Werturteilen wie \"schön\" oder \"hässlich\". Heute würde diese Arbeit sicher nicht als akademische Prüfungsarbeit durchgehen. Aber 1931 hat Erika Petri so geschrieben, wie es in der Kunstgeschichte üblich und gefordert war. Und sie konnte schreiben. Für eine 25-Jährige verfügte sie über eine erstaunlich souveräne Sprache und auch über ein erstaunliches Selbstbewusstsein. Sie hat nicht nur die Rokoko-Figuren von Feichtmayr individuell und durchaus eindrücklich beschrieben, sie hat auch nach eigenen Kriterien eine Händescheidung vorgenommen und beurteilt, welche Figuren von Feichtmayr sind, welche aus seiner Werkstatt, welche nicht. Ob ich mich das getraut hätte in dem Alter, weiß ich nicht. Die archivalischen Nachweise rückzuverfolgen bringt m.E. auch nicht viel. An das Zitierwesen der Zeit darf man heutige Maßstäbe nicht anlegen. Es geht doch eher darum zu erkennen, was die junge Erika Fuchs geleistet hat und was nicht. Da würde ich sagen, dass sie in ihrer Zeit und für ihr Alter etwas Gutes geleistet hat. Mir hat ihre Dissertation durchaus imponiert - trotz aller Mängel, die ich ihr aus heutiger wissenschaftlicher Perspektive und Methodenkritik ankreiden würde.

Das Buch von Klaus Bohn hat einen entscheidenden Fehler: Er hat unkritisch übernommen, was Erika Fuchs ihm erzählt hat, und nichts nachgeprüft. Deshalb wimmelt das Buch von Fehlern. Es ist eine unwissenschaftliche Arbeit, die leider, weil es das einzige Buch über Erika Fuchs ist, in vielen späteren  Veröffentlichungen Spuren hinterlassen hat. Anlass für meine Korrektur des Lemmas \"Erika Fuchs\" bei Wikipedia war das eigentlich sehr gute Buch von Peter Cullen Bryan: Creation, Translation, and Adaption in Donald Duck Comics (2021), in dem alle Informationen über Erika Fuchs dem Buch von Klaus Bohn bzw. der deutschen Wikipedia entnommen sind - viele davon faktisch falsch. Solche Fakten richtigzustellen war mir wichtig.

Direpol

Was soll das? Gleich zweimal \"verschwurbelt\". Anti-intellektueller, anti-wissenschaftlicher Jargon.

Eine sachgerechte, am Standard der Zeit maßnehmende Einordnung der Doktorarbeit wäre für die Fuchs-Forschung erhellend.

Die peinliche Ausfälligkeit gegen Wilhelm Pinder lässt mich daran zweifeln, dass der Beherrscher der Gläubigen mit dem Namen unseres Begründers dazu fähig oder bereit ist.

Der Haarige Harry

Am heutigen Gedenktag für die NS-Opfer frage ich mich, weshalb Direpol den gewichtigen Hinweis von Kalif Storch auf Erika Fuchs\' Doktorvater Wilhelm Pinders NS-Rolle eine \"peinliche Ausfälligkeit\" nennt ? Dessen ideologische Einordnung hat bisher doch in unserem Faden gefehlt - bis auf die  noch zurückhaltende Vermutung von Kalif Storch: \"Wahrscheinlich war der Doktorvater zu sehr mit der Begründung einer nationalsozialistischen Kunstgeschichtsschreibung beschäftigt, als daß er mehr als nur einen flüchtigen Blick in die Dissertationen seiner Schüler hätte werfen können.\"
Legt sich damit ein Schatten auf die Dissertation unserer \'heiligen\' Übersetzerin Dr. EF, den Direpol uns gerne vorenthalten hätte ?

(Wikipedia: \"In der Zeit des Nationalsozialismus machte sich Pinder, der auch von ,,germanischem Blut- und Geschichtserbe" schrieb, sogleich zum Sprachrohr der Ideologie des NS-Regimes, dem er begeistert huldigte und das sich seinerseits mit der Berufung auf den renommiertesten kunstgeschichtlichen Lehrstuhl Deutschlands, den an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, und die Aufnahme in die Preußische Akademie der Wissenschaften erkenntlich zeigte. Dass er trotz Aufnahmeantrags im Juni 1933 kein Parteimitglied wurde, verdankte er einem Zufall. (...) In einem Beitrag zu einer Festschrift zu Hitlers 50. Geburtstag pries er die Kunstgeschichte als Rassengeschichte.[5] Weiter schrieb er in der Festschrift: Das Ausscheiden der jüdischen Kunstgelehrten aus Forschung und Lehre befreit von der Gefahr eines allzu begrifflichen Denkens, dessen Richtung – dem Wesen unserer Kunst so fremd wie dem unserer Wissenschaft – der Auswirkung rein deutscher Forschung hinderlich sein könnte.[7] In einer Beurteilung vom Amt Rosenberg vom 11. September 1942 hieß es: ,,kann eingesetzt werden".[5]

Pinder schreckte auch nicht davor zurück, \'jüdische\' Kollegen direkt anzugreifen. (...)\".

Direpol

Das Thema ist zu ernst für halbstarke Sprücheklopfereien. Je bedeutender der Gelehrte, desto gewichtiger ist die NS-Belastung, und desto genauer sollte die Erörterung ausfallen. Im Briefwechsel bzw. den protokollierten Telefonaten Fuchs-Heilmann kommt kurz die Rede auf Pinder; knapp äußert sich EF auch über Pinders Handeln 1933.

Kalif Storch


Theodora Tuschel

Zu Wilhelm Pinder habe ich in diesem Faden am 9.01. (um 19:01 Uhr) einen Link gesetzt. Vielleicht erstmal das lesen, bevor man sich allein auf Wikipedia bezieht. - Übrigens ist auch Adolf Feulner belastet, von dem Erika Petri die Anregung zu ihrem Dissertationsthema bekam. Wer, fragt man sich, war eigentlich nicht belastet? Wo man hinguckt ... bis auf sehr wenige Aufrechte. Das Thema ist nicht nur ernst, es ist auch zu kompliziert, um es als Schwarz-Weiß-Bild zu sehen.

Der Haarige Harry

Der von Frl. Tuschel zitierte Link in ihrem Statement vom 9.1.\'23, 19:01h (\"Hmm, njein\") erscheint für eine weitere Diskussion wenig hilfreich: dort wird u.a. Pinders durchaus \'zeitwürflige\' Rolle im Nationalsozialismus -inzwischen auch unter Donaldisten bekannt- dargelegt. Dennoch folgt eine schier unglaubliche Beichtstuhl-Entlastung: \"Wer, fragt man sich, war eigentlich nicht belastet? Wo man hinguckt ... bis auf sehr wenige Aufrechte. Das Thema ist nicht nur ernst, es ist auch zu kompliziert, um es als Schwarz-Weiß-Bild zu sehen.\" - Genau: es gab durchaus auch Aufrechte, Demokraten, Antinazis. - Schwarz-Weiß-Bild. Und fertig ist Frl. Tuschel mit dem deutschen Nationalsozialismus.
Direpol ist noch dreister: \"Das Thema ist zu ernst für halbstarke Sprücheklopfereien. Je bedeutender der Gelehrte, desto gewichtiger ist die NS-Belastung\".

HALBSTARKE SPRÜCHEKLOPFEREIEN ? Von wem, biddeschön ? Achso, von Frau Dr. Erika Fuchs, der noch 1953 entfleucht (MM 1953-09): \"Ich geb\' diesem Untermenschen nichts zu essen - niemals!\" (Tagespanel vom 27.1.\'23). - Da stand Prof. Dr. Pinder wohl posthum noch Pate für seine Doktorandin.

Das US-Original (WDC 147) war NS-Begriffs-frei:

Theodora Tuschel

Quatschicado! Erst hinsehen, dann nachdenken, dann dumm daherreden. Noch mal mit der Keule: https://edoc.hu-berlin.de/bitstream/handle/18452/23363/bredekamp_pinder.pdf?sequence=1

Der Haarige Harry

Ohja ! \"Quatschicado!\". Und sogar: \"Dann dumm daherreden.\"! Genau das ist der Umgangston, den ich immer von einer promovierten Keule-Donaldistin nicht erhofft habe. - Stop it ! Und empfehle zum Nachlesen meinen verehrten, leider verstorbenen Freund Gerhard Hoch (https://de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_Hoch), einen engagierten regionalen NS-Forscher.

Brettmeister

Ich bitte alle Beteiligten um Sachlichkeit und um Rückkehr zum eigentlichen Thema des Fadens.

Danke!

Kalif Storch

Zu dem mir bislang unbekannten Herrn Pinder (Danke für Literaturhinweis von Frl. Tuschel) möchte ich nichts sagen, für eine ernste Beschäftigung mit diesem \"bedeutenden Gelehrten\" fehlt mir neben der Lust wahrscheinlich auch die sittliche Reife.
Ich möchte aber meinem Ärger über den mantraartig wiederholten Hinweis auf die Zeitgebundenheit der Petrischen Arbeit Luft machen. Die \"Anforderungen (an eine Dissertation) waren damals ganz andere als heute\" (Tuschel), der \"Standard der Zeit\" (Direpol) war ein anderer.
In den vielen Jahren meiner Tätigkeit an einer renommierten Denkanstalt habe ich sicherlich Hunderte von Dissertation, auch aus den 30ern, in den Händen gehabt (zugegeben: nur ganz wenige kunstwissenschaftliche), die naturgemäß zum größten Teil nicht mehr dem Stand der Wissenschaft entsprechen. Neben einigen glänzenden Arbeiten von Frauen und Männern, auf deren Schultern wir Zwerge immer noch stehen, freilich auch viele heute zu Recht vergessene und überholte Arbeiten. Beinahe allen gemein war aber das erkennbare und von mir bei Frl. Petri vermisste Bemühen, die Regeln wissenschaftlichen Arbeitens, die man damals schon im Proseminar eingehämmert bekommen hat, streng zu befolgen. (Heute ist das anders, da gibt es hier ernsthaft Schreibkurse für Doktoranden, betreutes Promovieren also.)  
Argumente und Thesen, die \"objektiv nicht nachprüfbar\" sind, wie das Frl. Tuschel geradezu als damaligen Standard eruiert hat, hatten in wiss. Arbeiten noch nie etwas verloren. Sauberes, nachprüfbares Argumentieren ist eine zeitlose Forderung. Und dafür haben damals auch die Doktorväter und -mütter gesorgt, deren Reputation ja auch an der Qualität der Arbeiten ihrer Schüler gemessen wurde, die sie ja zudem selbst ausgesucht und zum Abfassen einer Dissertation ermuntert haben. Ich habe aber auch miterlebt, daß Doktoranden aufgrund von erst später festgestellten Dummheit der Stuhl vor die Tür gestellt wurde. Fälle, wie etwa der von Frau Giffey und ihrer \"Betreuerin\", der ja offenbar die Hervorbringungen ihrer Schülerin schnurzpiepegal war, dürften damals jedenfalls sehr selten gewesen sein.  
Kurzum: ich bleibe bei meiner Auffassung, daß die in Rede stehende Arbeit die Anforderungen an eine Dissertation auch im Jahr 1931 nur schwerlich, wenn überhaupt, erfüllt hat, auch wenn das für gewisse Leute sicherlich \"objektiv nicht nachprüfbar\" ist.

Beppo

Lasst doch mal alle Kirchen im Dorf!

Um eine Dissertation wie die von Frl. Petri wirklich kompetent beurteilen zu können, muss man Spezialist sein. Das sind wir alle nicht.

Frl. Dr. Tuschel hat im Wesentlichen gesagt, dass sie subjektiv die literarische Qualität des Werks für gut befindet, \"Erstaunlich reife Arbeit für eine 25-Jährige, insbesondere in Stil und Ausdruck.\" Dem kann man natürlich widersprechen, aber man sollte nicht unbedingt gleich ins Prinzipielle abgleiten.

Der alte Wikipedia-Eintrag über Erika Fuchs war befriedigend, der neue ist besser. Das ist das Wesen der Wikipedia. Über jemanden wie den Geheimrat Prof. Wilhelm Pinder informiere ich mich natürlich als Laie immer in der Wikipedia. Wo sonst? Die Wikipedia ist kompetent, aber nicht das Evangelium. Der Link von Dr. Tuschel umfasst 16 Seiten. Das verkrafte ich nicht.

Nebenbei: Im Gegensatz zu heutigen deutschen Professoren scheint Pinder nicht viel Wert darauf gelegt zu haben, dass er zusätzlich zum Professorentitel auch noch einen Doktortitel hatte. Frl. Petri nennt ihn \"Prof. W. Pinder\". Der Doktor war wohl mehr so eine Art Staatsexamen. Frl. Petri wurde am Anfang ihres zwölften Semesters promoviert.
Grunz!
Beppo

Ein Kojote ist und bleibt ein Hühnerdieb!

Kalif storch

Beppo locutus, causa finita.