Jon Gisle - Donaldismen

Begonnen von adamriese, 8. Jan. 2010, 09:20:58

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Beppo

An sich ist Norwegen ja ein Entwicklungsland. Die haben ja gar nicht den Fuchstext. Stellt euch mal vor, unser Ostsibirier könnte nur mit einer Bibel in chinesischer Sprache theologisieren!

Was sagen unsere Norgophilen, z.B. Frøken Tuschel? Stehen in dem Buch interessante Gedanken, die wir hier so noch nicht gedacht haben?
Grunz!
Beppo

Ein Kojote ist und bleibt ein Hühnerdieb!

Theodora Tuschel

Frøken Tuschel kann von den skandinavischen Sprachen nur Dänisch, aber das reicht, um Norwegisch zu lesen. Der Wert des Buches liegt meiner Meinung nach vor allem in der Initialzündung: es war die erste ernsthafte Befassung mit Donald Duck außerhalb der Comic-Fachliteratur. Die Wirkung ist bekannt. Aber wir sind inzwischen fast 50 Jahre weiter. Gisles Buch ist nicht barksistisch, obwohl Barks-Quellen besonders gewürdigt werden. (Das ist im skando-finnischen Donaldismus bis heute so.) Es gehört im Grunde mehr zum Äußeren Donaldimsus als zum Wissenschaftlichen Donaldismus - klar, letzteren gab es 1973 ja noch gar nicht.

Im Katalog der DonBib habe ich das Werk (wir haben die 2. Auflage von 2006) so beschrieben: \"Das in erster Auflage 1973 erschienene Werk des norwegischen Philologen und Juristen Jon Gisle (geb. 1948) gehört zu den frühesten wissenschaftlich-donaldistischen Auseinandersetzungen mit dem Entenhausener Kosmos. Es hat drei Hauptkapitel: 1. Die historische Entwicklung des Donaldismus, 2. Das literarische Grundthema im Donaldismus (die fortwährende Auseinandersetzung zwischen ,,idealen" Figuren und ,,Strebern"), 3. Die Gesellschaft Entenhausens (soziale Struktur, Religion, kulturelles Leben, Sex und Familie, Frauen, Gewalt, Weltbild). Im ersten Kapitel unterscheidet Gisle mehrere Epochen in den Berichten aus Entenhausen: Urdonaldismus (1948-1952), Älterer klassischer Donaldismus (1951-1957), Jüngerer klassischer Donaldismus (1957-1963), Kommerzialismus (1963-1966), ,,Klodrismus" (1965-1967, nach der Figur Kalle Klodrik, deutsch Dussel Duck), ,,Gewöhnlicher Gegenwartsdonaldismus" (1965 ff), Realismus (1966 ff), ,,Synthetischer Klodrismus" (1971 ff). Das nicht rein barksistische Werk hat in Norwegen, Schweden und Deutschland zur Gründung donaldistischer Vereinigungen geführt. Es wurde ins Dänische und Schwedische übersetzt, aber nie ins Deutsche.\"

Anmerkung: \"Donaldismus\" bedeutet bei Gisle nicht das, was wir darunter verstehen, sondern der Quellenkorpus, d.h. die Duck-Geschichten von 1948 bis Anfang der 1970er Jahre.

Beppo

Der Grobian Gans ist ein schönes Buch. Das sollte man heute noch lesen. Könnte man ruhig auch ins Norwegische übersetzen. Pflichtlektüre, speziell für Donaldisten, ist es aber IMHO nicht. Wir haben damals daraus gelernt, dass sich die Wahrheit an sehr unerwarteten Orten verstecken kann. Zum Einsammeln dieser Wahrheiten hat das Buch aber nur wenig beigetragen.
Grunz!
Beppo

Ein Kojote ist und bleibt ein Hühnerdieb!

Fährmann

Eine Übersetzung ins Norwegische wäre schwer umsetzbar, da das Gans\'sche Werk spaßeshalber in Soziologendeutsch gehalten und reichlich mit Zitaten aus der Frankfurter Schule unterlegt ist. Außerdem ist Norwegen zweisprachig, es gibt eine Hochsprache (Bokmal) und eine künstliche Volkssprache (Nynorsk) aus dem nationalromantischen 19. Jh., die ebenfalls verschriftlicht ist und von einer ländlichen Minderheit (10 - 15%) verwendet wird. Der norwegische Barks-Übersetzer erlaubte sich, im Bericht über das Land der viereckigen Eier die Ducks und andere Entenhausener in Bokmal sprechen zu lassen und die Indigenen in Nynorsk. Woher ich das weiß, weiß ich nicht mehr, aber vielleicht war es ja unser Mann aus Tromsö.

Ahoi!
Ahoi!

Coolwater

Wenige Deutsche können Norwegisch, aber viele Norweger können Deutsch. Nach Englisch ist Deutsch in Norwegen die am meisten verbreitete Fremdsprache. Der Norweger, der den Gans lesen möchte, wird oft mit dem Gans sein Schuldeutsch auffrischen können.

Für norwegische Donaldisten empfiehlt sich der Erwerb deutscher Sprachkenntnisse ohnehin doppelt, schließlich stammt der wohl weit überwiegende Teil donaldistischen Schrifttums aus dem deutschen Sprachraum. Wenn es besonders (alt)klug ist, denkt das verdonaldete norwegische Kind daran schon in der Schule, wenn es um die Wahl der zweiten Fremdsprache geht.

Theodora Tuschel

Ich glaube, Beppo hat das etwas anders gemeint. Kurz und knapp: Das Gisle-Buch ist für Donaldisten sicherlich lesenswert, vor allem für solche, die an der frühen Geschichte der donaldistischen Bewegung interessiert sind. Ich meine aber nicht, dass es den zeitlichen und finanziellen Aufwand einer Übersetzung lohnt.

Duckenburgh

Hallo Frau Fräulein Tuschel und alle anderen, die an der Diskussion teilgenommen haben. Danke für all die Informationen und Meinungen! Ich werde nun nicht mehr mit einer deutschen Übersetzung des Werkes von Jon Gisle rechnen. Ist aber auch nicht so schlimm, denn ich habe ja meinen Gans im Bücherregal stehen!

Frohe Ostern an alle!

Ralph

Theodora Tuschel

Fräulein Tuschel bitte! Ts, ts!

Duckenburgh

Zitat von: \"Theodora Tuschel\"Fräulein Tuschel bitte! Ts, ts!

....selbstmurmelnd muss es \"Fräulein\" heißen. Asche auf mein Haupt!